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Wirtschaftshistorie

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© Stadtarchiv Ulm

Die Geschichte und Entwicklung der Stadt Ulm ist seit jeher eng mit ihrer Bedeutung als wichtiger Wirtschaftsstandort und Innovationsmotor im Süden Deutschlands verbunden. Ihre Lage an den Ufern der Donau, Iller und Blau, die vor allem ab dem späten Mittelalter und bis zur Erfindung der Dampfmaschine im späten 19. Jahrhundert einen enormen logistischen Vorteil bedeutete, ist damit nicht erst seit der Neuzeit von zentraler Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Alb-Donau-Kreises. Vielmehr beschert sie der Stadt seit beinahe einem Jahrtausend den Standortvorteil, an einem zentralen Knotenpunkte der Handelswege im Herzen Europas zu liegen. Auch deshalb entwickelte Ulm bereits im 12. Jahrhundert einen regen Exporthandel, zunächst vor allem mit Waren wie Salz, Eisen Wein und Getreide, welche jedoch schnell durch hochwertige Woll-, Gewebe und Lederprodukte ergänzt wurden. In dieser Zeit wuchsen die Bedeutung und der Wohlstand der Stadt vor allem durch den zunehmenden Warenverkehr zwischen den Niederlanden und der Lombardei im heutigen Italien, der hauptsächlich über die Routen Fern- und Brennerpass abgewickelt wurde. So wurde Ulm geographischen Mittelpunkt und wichtiger Warenumschlagsplatz. Ihre Prosperität ermöglichte der Stadt bereits 1247 den Aufstieg zur Freien Reichsstadt. Ein Status, der sich im Verlauf der Stadtgeschichte zwar noch mehrmals ändern sollte, jedoch die frühe Bedeutung der Begriffe "Unabhängigkeit" und "Selbstbestimmung" für die Ulmer Bürgerschaft unterstreicht.

Im Verlauf Ihrer weiteren Geschichte etablierte sich Ulm ab dem 14. Jahrhundert vor allem als Produktionsstandort und Umschlagsplatz für Stoffe und Gewebe (Stichwort: „Ulmer Barchent“). Diese waren von so hoher, vor allem aber kontrollierter und somit konstanter Qualität - hierfür wurde eigens eine städtisch verordnete und von Offiziellen überwachte „Gewebeschau“ eingeführt - dass sie in weiten Teilen Europas, von Mailand und Venedig bis nach England, gehandelt und geschätzt wurden. Die Bedeutung des Ulmer Barchents ging dabei jedoch zeitweilig weit über seine Eigenschaft als reine Handelsware hinaus. Die Ballen mit dem Ulmer Siegel, das besagte Qualität garantierte, wurden oft ungeöffnet weitergereicht und, das Bargeld teilweise ersetzend, als Zahlungsmittel verwendet. Wohlgemerkt geschah all dies 500 Jahre bevor Normen wie die DIN ISO 9001 den Begriff der Qualitätssicherung standardisierten!

So erreichte die Stadt im 15. Jahrhundert ihre wirtschaftliche Blütezeit mit einem danach über mehrere Jahrhunderte nicht mehr erreichtem Wohlstand, denn auf dieses Hoch folgte alsbald ein lange andauernder wirtschaftlicher Niedergang, der eine Vielzahl von Gründen hatte. So wurde die Stadt zum einen durch zahlreiche Kriege ausgezehrt, allen voran durch den zermürbenden 30-jährigen Krieg (1618-1648) und war danach ein Spielball in den diversen Erbfolge- und Koalitionskriegen der folgenden Jahrhunderte, in deren Rahmen eine Besetzung und Eroberung auf die nächste folgte. Aber auch die Ulmer Bevölkerung selbst behinderte vermeintlich lange Zeit die Entwicklung der Stadt durch das unnachgiebige Festhalten an den alten Traditionen des Zunfthandwerks, während sich um das Reichsstadtgebiet herum immer effizientere und fortschrittlichere Produktionsmethoden bzw. Herstellungsverfahren für verschiedene Waren und Erzeugnisse etablieren konnten. So wurde über lange Zeit jedwede Idee der Modernisierung im Keim erstickt und Ulm verkam alsbald zu einer wirtschaftlichen Randerscheinung.

Dieser Niedergang endete erst mit dem bayrisch-württembergischen Zollabkommen im Jahre 1828 und der Gründung des Zollvereins 1834, die Ulm aus ihrer Isolation am Rande des württembergischen Königreichs befreien konnten und ihr wieder eine ökonomische Relevanz und Gewicht durch die Möglichkeit der Erhebung von Zöllen am Grenzfluss Donau verliehen. Einmal mehr kamen der Stadt ihre geographische Lage und die damit verbundenen Standortvorteile zugute, wodurch sie schnell wieder zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt im Herzen Europas avancierte.

Große Bedeutung für diese Phase der wirtschaftliche Erholung der Stadt hatte neben den letztgenannten Entwicklungen vor allem aber auch die Entscheidung des deutschen Bundestages vom 26. März 1841, die Stadt Ulm und seine Befestigungen als Konsequenz aus den Eroberungsfeldzügen Napoleons zu Beginn des 19. Jahrhunderts zur Bundesfestung aus- und umzubauen. Um etwaigen Bedrohungen dieser Art in Zukunft besser begegnen zu können, wurde die Stadt in den Jahren 1842 bis 1859 zu einer Festung mit einer Walllänge von über neun Kilometern und somit zur größten Festungsanlage Europas ausgebaut. Parallel dazu fiel die bis heute nachwirkende Entscheidung, den Ausbau der Donau zur Schiffbarmachung hinter den Bau der Eisenbahnstrecke Ulm-Stuttgart anzustellen. So erfolgte, neben dem Bau der Bundesfestung, auch der Bau besagter Eisenbahnstrecke (1845-1850) sowie deren Anschluss an das bayrische Schienennetz zur Trasse Ulm-Augsburg (1850-1854).

Da die Bundesfestung Ulm bereits zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung technologisch als veraltet galt, wurden in den Zeiträumen 1875 bis 1887 und 1901 bis 1916 zwei großangelegte Modernisierungsphasen eingeleitet, die wiederum die Wirtschaft der Region im Rahmen dieser Baumaßnahmen weiter ankurbelten. Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg entging die Anlage zwar dem Schicksal, im Zuge der Verträge von Versailles geschleift zu werden, dennoch verlor sie danach ihre ursprüngliche Bedeutung und Relevanz. Offiziell endete der Festungsstatus der Stadt fast unbemerkt mit einem Beschluss aus Berlin im Jahre 1938. Zwar wurden Teile der Festung auch noch im Zweiten Weltkrieg genutzt und boten in diesem Zuge auch der Bevölkerung einen gewissen Schutz vor den alliierten Luftangriffen, wirkliche Bedeutung kam ihr aber nur noch dem Kriegsende 1945 als Quelle für Baumaterial zum Wiederaufbau der fast vollständig zerstörten Stadt zu, welcher die Jahre nach dem Kriegsende vorrangig prägte.

In der jüngeren Nachkriegsgeschichte der Stadt muss vor allem eine Ulmer Institution erwähnt werden, die mit ihren Ideen die Produktgestaltung, die Architektur und das moderne Industriedesign bis heute weltweit maßgeblich beeinflusste. Die Rede ist von der Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG), die 1953 von Otl Aicher und seiner Frau Inge Aicher-Scholl als geistiger Nachfolger des Bauhauses gegründet wurde und viele seiner ehemaligen Dozenten und Studenten unter ihrem Dach wieder vereinen konnte. In ihrem gerade einmal 15-jährigen Bestehen schufen die Mitglieder der HfG eine bemerkenswerte Anzahl innovativer Designideen. Viele dieser Ideen finden bis heute Anwendung, so etwa das Design des ICEs oder aber auch die Piktogramm-Sprache, die von Otl Aicher eigens für die Olympiade 1972 in München entwickelt wurde.

Seit den 1960er Jahren etablierte sich dann nach und nach eine Vielzahl verschiedener Industriezweige in der Ulmer Unternehmenslandschaft. Eine der wichtigsten Entscheidungen hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung der Stadt war dabei die Errichtung der Wissenschaftsstadt in den 1980er Jahren, die bis heute sehr erfolgreich als Bindeglied zwischen Forschung und Wirtschaft fungiert. Ein Indiz für den Erfolg der Ulmer Wirtschaft ist sicherlich das seit dieser Zeit fast durchgängig positive Bevölkerungswachstum der Stadt, die seit dieser Zeit um fast 20% angewachsen ist.

Heutzutage umfasst das Ulmer Unternehmensportfolio einen sehr diversifizierten Katalog verschiedenster Wirtschafts- und Forschungsbereiche.