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Wie werden Strassen (um-) benannt?

Neue Erkenntnisse zur Biografie des Gründungsrektors der Universität Ulm, Prof. Dr. Ludwig Heilmeyer (1899-1969), haben zu einer Diskussion und einer kritischen Betrachtung seiner Rolle im Nationalsozialismus und seines Umgangs mit NS-Verbrechen nach 1945 geführt. Ebenso hat dies dazu geführt, dass sich die Stadt Ulm eindeutigen Kriterien für die (Um-) Benennung von Straßennamen gegeben hat.

Die Abteilung Vermessung führt eine Liste möglicher Straßennamen und Themengruppen. Aufgenommen werden Vorschläge aus dem Gemeinderat, der Bürgerschaft oder der Öffentlichkeit.

Bei der Neubenennung von Straßen erfolgt die Namensfindung und -gebung in enger Abstimmung mit den politischen Gremien in der Stadt und den Ortschaften.

Bei der Benennung von Straßen nach Persönlichkeiten gilt:

  • Die Abteilung Vermessung wendet sich mit Fragen bezüglich der Namensgebung nach geeigneten Persönlichkeiten an das Stadtarchiv
  • Das Stadtarchiv wählt im Benehmen mit anderen Stellen (DZOK, ggf. Universität Ulm, Universität Tübingen oder andere Stellen) potenzielle Persönlichkeiten aus.
  • Das Stadtarchiv prüft gemeinsam mit den genannten anderen Stellen die Biographien dieser Persönlichkeiten und
  • leitet den Vorschlag an die Abteilung Vermessung zur weiteren Durchführung des Verfahrens weiter.
  • Der Ältestenrat empfiehlt, ob der Vorschlag an den Gemeinderat zur Entscheidung weitergeleitet wird. In den Ortschaften treffen die Ortschaftsräte die Entscheidung.

Mögliche Kriterien für die Benennung von Straßennamen nach Personen

Grundsatz: Bei der Benennung einer Straße nach einer Person ist daher Zurückhaltung geboten. In jedem Fall sollte die Person bei der Benennung bereits seit zehn Jahren verstorben sein.

  • Einsatz für das Gemeinwohl, für Demokratie und Rechtsstaat
  • Besondere Leistungen in Wissenschaft, Sport, Musik, Kunst, Literatur etc.
  • Hohes Ansehen und Akzeptanz in der Bevölkerung
  • Besondere Bedeutung für Ulm
  • Opfer beispielsweise nationalsozialistischen Terrors
  • Erinnerungswürdigkeit aufgrund des besonderen Bezuges zum jeweiligen Ort
  • Ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen

Ablauf bei der Frage einer Umbenennung von (oder einem anderen Vorgehen mit) Straßennamen:

  • Anstoß zur Überprüfung von einem oder mehreren Straßennamen aus dem Gemeinderat, der Verwaltung, der Bürgerschaft oder der Öffentlichkeit.
  • Die AG Straßenbenennung prüft im Benehmen mit anderen Stellen den Sachverhalt und die etwaige gesellschaftliche Relevanz eines Handelns und schlägt das weitere Vorgehen und ggf. potenzielle Gutachter/Gutachterinnen vor.
  • Die Abteilung Vermessung vergibt den Auftrag für die jeweiligen Gutachten.
  • Die AG Straßenbenennung gibt eine Stellungnahme zu dem Gutachten ab.
  • Der Ältestenrat entscheidet, ob der Vorschlag an den Gemeinderat zur Entscheidung weitergeleitet wird. In den Ortschaften treffen die Ortschaftsräte die Entscheidung.

Kriterien für die Umbenennung von (oder ein anderes Vorgehen mit) Straßennamen (auch Ausschlusskriterien für eine Benennung):

  • Die Benennung nach einem ehemaligen Funktionsträger / einer ehemaligen Funktionsträgerin des nationalsozialistischen Regimes oder eines anderen Unrechtsstaats.
  • Die Beteiligung von Benannten an Verbrechen, insbesondere an Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn diese in Kolonial- oder Kriegszeiten stattgefunden haben. „Verbrechen“ beinhalten nicht nur Morde, sondern beispielsweise auch Deportationen, Raub, Körperverletzung, Einschüchterung, öffentliche Demütigungen, Enteignung, Vorteilnahme und dergleichen mehr.
  • Die politische Propagierung von NS-Gedankengut, Rassismus, rassischem Antisemitismus, völkischem Nationalismus und anderen menschenverachtenden Ideologien durch die Benannten.
  • Verstrickungen der Benannten in Verbrechen eines Unrechtsstaats und/oder Bereicherung an den Opfern.
  • Demokratiefeindliches Verhalten nach dem Ende der NS-Diktatur oder eines anderen Unrechtsstaats (keine erkennbare Bereitschaft zum Umdenken und keine nachweisliche kritische Selbstreflexion, keine Distanzierungen durch öffentliche Bekundungen und Handeln im neuen Staat, kein Einsatz für die Demokratie).
  • Die aktive Beteiligung bzw. das Hinwirken auf die Abschaffung eines demokratischen Systems.

Bei der Beurteilung einer Person kann die Mitgliedschaft oder der Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer ihrer Nebenorganisationen mitberücksichtigt werden. Es müssen bei der Beurteilung nicht alle Punkte berücksichtigt werden, es kann bereits ein Punkt ausreichen.

Nach § 5 Abs. 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg ist die Benennung von Straßen Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinden. Zur Umbenennung ist ein Beschluss notwendig.

Der Straßenname dient vornehmlich der Orientierung. Er soll gewährleisten, dass innerhalb eines Gemeindegebiets der gewünschte Bestimmungsort eindeutig bezeichnet und aufgesucht werden kann. Grundsätzlich besteht die Pflicht, öffentliche Straßen zu benennen.

Die Betroffenen haben kein gesetzlich verankertes Mitspracherecht bei der Neu- und Umbenennung einer Straße. Die Betroffenen haben allerdings ein einklagbares Recht auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung.

Umbenennungsmotive können die Aufhebung irreführender Namen, der Wunsch eine Person zu ehren oder sonstige Gestaltungsziele sein. Am 14.11.2018 hat der Gemeinderat das Vorgehen bei der Benennung oder Umbenennung von Straßennamen festgelegt (s.oben).

Das im Einzelfall maßgebliche Änderungsmotiv ist mit den aus der Ordnungsfunktion des Namens und der Vermeidung unnötiger Belastungen für Dritte resultierenden Gründen für die Beibehaltung des bisherigen Namens abzuwägen. Benachteiligungen oder Belastungen entstehen z. B. bei für Anwohnerinnen und Anwohner dieser Straße durch Änderung der Ausweispapiere, Visitenkarten usw.

Es gilt auch die Belange Dritter abzuwägen. Von einer Umbenennung der Straße sind außer den Bewohnern noch andere betroffen. In Stadtplänen, Wegbeschreibungen, Firmen- und Privatanschriften bis hin zu Navigationssystemen befindet sich der bisherige Straßenname. Zumindest überall dort müssten Änderungen vorgenommen werden. Eine Umbenennung zieht für die Betroffenen einen zeitlichen, sachlichen und finanziellen Aufwand nach sich.

Um eine fehlerfreie Ermessensentscheidung herbeiführen zu können werden die unmittelbar Betroffenen (Anlieger/innen und Grundstückseigentümer/innen) über die Umbenennung und die Hintergründe schriftlich informieren. Hierbei werden den Betroffenen die Hintergründe der Umbenennung erläutert und sie werden aufgefordert etwaige Einwände vorzubringen. Darüber hinaus werden begleitende Maßnahmen (z.B. Ausstellungen) durchgeführt Ebenso wird über den neuen Namensgeber informiert.

Die vorgebrachten Einwände werden durch die Verwaltung gesammelt und gebündelt dem Entscheidungsgremium vorgelegt, um eine fehlerfreie Ermessensentscheidung zu gewährleisten.

Leistungen der Stadt Ulm, die im Zusammenhang mit der Umbenennung stehen, werden gebührenfrei erbracht.